Riffzemente und seine Auswirkungen

 

Gerade in der letzten Zeit durchläuft das Hobby Meerwasseraquaristik eine neue Entwicklung. Man möchte glauben unser Hobby wird gerade neu erfunden. Die in der Aquaristik neuen analytischen Techniken wie ICP-OES oder ICP-MS in weiterer Kombination mit Ionenchromatographie lässt völlig neue Einblicke in die Wasserzusammensetzung zu. Da ich immer wieder mit Analysenbefunden konfrontiert werde und wir 2 Elemente, nämlich Aluminium und Lithium gehäuft unterkommen möchte dazu mal was schreiben.

Eine Hauptquelle für diese Elemente sind Riffzemente. Zemente im üblichen Gebrauch sind Bindemittel, welche durch hohes Erhitzen „Sintern“ aus Kalkstein und Ton hergestellt werden. Kalkstein jedem von euch bekannt als Calciumcarbonat (wie Riffgestein auch) und Ton besteht hauptsächlich aus Aluminium Al(OH)3 , Silicium als Silicate wobei die Elemente Aluminium und Silicium in verschiedensten Kombinationen verknüpft sind – ich nenne das mal so.
Durch das Brennen im Drehrohrofen bildet sich aus Kalkstein und Ton eine Schmelze der sog. Klinker – diese Phasen haben unterschiedliche Zusammensetzung aus Aluminium-Silicium-Calcium. Etwas Eisen, Mangan usw. ist auch dabei..
Ein für uns wichtiger Bestandteil ist das C3A (Tricalciumaluminat) denn diese Phase ist hauptsächlich dafür verantwortlich, dass normaler Zement für die Meerwasseraquaristik eher ungeeignet ist, da sich mit dem im Meerwasser enthaltenen Sulfationen sog. Ettringit bildet und dieses ist im Wasser nicht beständig – im Bauhandwerk ist das auch als Sulfattreiben bekannt.
Es gibt aber auch sog. C3A freien Zement – dieser ist aber aufgrund des sehr hohen Eisengehaltes recht dunkel und daher nicht so schön weiß wie übliche Riffzemente – ist aber grundsätzlich geeignet (spülen sollte man aber schon). Weißzement ist praktisch frei von farbgebenden Metallen wie Eisen oder Mangan aber enthält viel C3A daher auf Dauer auch nicht meerwasserbeständig.

Daher sind diese Portlandzemente eher ungeeignet für die Aquaristik, zumal auch sehr viele Verunreinigungen wie Chrom.. enthalten sein können.

Viel besser sind sogenannte Tonerdezemente bzw. Calciumaluminatzemente geeignet. Diese werden auch aus Kalkstein und Aluminiumoxid (Bauxit) durch brennen (sintern) hergestellt. Der Hauptanteil ist Calciumaluminat (CA) und da C3A praktisch nicht entsteht ist dieser Zement sehr sulfatbeständig und daher meerwasserfest. Hierzu gibt es auch praktisch fast reine Calciumaluminate die schön weiß sind da kein Eisen.. enthalten ist.

Aber was hat das mit dem oben beschrieben Problem zu tun?

Nun ja, viele Riffzemente sind Tonerdezemente und basieren auf „Aluminium“. Beim Aushärten bildet sich neben Calciumhydroxid auch Aluminiumhydroxid – dieses Aluminiumhydroxid ist ja praktisch meerwasserunlöslich wobei gerade bei der Unterwasserverklebung im laufenden Aquarium geringste Mengen in Lösung gehen und daher zu einem messbaren Aluminiumgehalt führen. Im Meerwasseraquarium spielt das aber keine Rolle da wie gesagt der pH Wert im leicht basischen ca.8 liegt. Ein Problem kann es nur geben, wenn der pH Wert sehr stark sinkt – denn dann kann sich Aluminium lösen und fischtoxisch wirken. In einem Süßwasserbecken mit leicht saurem Wasser würde ich niemals Riffzemente verwenden !! Auch in Aquarien mit starkem pH Gefälle gerade in den Nachstunden kann das manchmal problematisch sein – der Grund ist oft eine schlechter Gasaustausch über die Wasseroberfläche bzw. „schlechte“ Raumluft, sehr hoher Fischbestand oder ein schlecht eingestellter Kalkreaktor. Denn all dies führt zu einem niedrigen pH Wert. Bei normalen pH Werten macht euch aber keine Sorgen. Ein regelmäßiger Wasserwechsel hält auch Aluminium unter Kontrolle.

Und Lithium wird von praktisch allen Tonerdezementherstellern als Abbindebeschleuniger verwendet, da dieser bereits in Geringer Dosierung hocheffektiv ist. Dazu werden geringe Mengen <0,1% Lithiumcarbonat dem Klinker zugemischt. Lithium baut sich während der Hydratation (Abbinden mit Wasser) in das Zementgefüge ein und ist daher stabilisiert – bei der Unterwasserverklebung werden aber Lithiumionen gelöst, da sich auch durch das Handtieren eine kleinere oder größere Wolke bildet. Ein regelmäßiger Wasserwechsel regelt diesen Wert in der Regel gut ein.
In der Regel spielt das aber keine große Rolle da Lithium im weitesten Sinne ungefährlich ist.
Die meisten Zementbasierten Riffzement sind auf Aluminatbasis.

Wenn sich jemand mehr dafür interessiert kann ich gerne mehr dazu teilen – das führt aber hier zu weit.

Natürlich ist im Meer keine solche Menge an Aluminium und Lithium wie in unseren Aquarien zu finden – es werden ja auch keine aber milliarden Tonnen Calciumaluminatzement eingebracht. Daher kann man diese Werte nicht mit dem im natürlichen Meerwasser vergleichen – das ist im Übrigen bei allen Parametern so. Ein zwanghaftes hintreiben auf Wasserwerte wie sie in der Natur vorkommen sind völlig sinnfrei .
In diesem Fall kann man sagen, die Erfahrung der jahrelangen Verwendung von Riffzementen in der Meerwasseraquaristik hat bestätigt, dass sie ohne weiteres verwendet werden können und das unabhängig von Analysenresultaten mit denen wir uns erst seit kurzer Zeit beschäftigen.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch klar stellen, dass ich kein Gegner der Meerwasseranalytik bin – als Chemiker finde ich dieses Thema sehr interessant und in Fällen wo es Probleme gibt – Plagen, fehlendes Wachstum…macht dies durchaus Sinn. Aber bei gut laufenden Aquarien ist dies meines Erachtens nicht nötig und führt zu einer massiven Unsicherheit und einige Aquarien haben sich auch schon massiv verschlechtert, da zwangsweise Werte angehoben wurden. Denn unsere Korallen habe ein hohes Potential sich an unsere heimischen Wasserbedingungen anzupassen.

Ein regelmäßiges Messen der Karbonathärte und den Nährstoffparametern Nitrat und Phosphat halte ich für erforderlich – den pH Wert seines Aquariums sollte man auch kennen – der Rest ist informativ.

Also schaut in eure Aquarien und freut euch an diesem tollen Hobby!